Sonstige Begründung
:
Die Leistung kann aus technischen Gründen nur von der TALOS GmbH erbracht werden (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b VgV). Technische Gründe i.S.v. § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b VgV liegen u.a. vor, wenn die Auftragsdurchführung erfordert, dass der Auftragnehmer spezielles Wissen verwendet, welches nur einem einzigen Wirtschaftsteilnehmer zur Verfügung steht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.07.2017 – VII-Verg 13/17, juris Rn. 32). Die TALOS GmbH ist das einzige Unternehmen, welches im Rahmen des ersten Vergabeverfahrens zur Beschaffung einer ICARUS-Payload einen erfolgreichen Teilnahmeantrag abgegeben hat (EU Abl. 2023/S 025-073637). Nur die TALOS GmbH verfügte über die notwendigen Kenntnisse in der Hard-, Soft- und Firmware sowie auch der Antennentechnik. Durch die weitere Befassung der TALOS GmbH mit der Entwicklung, Herstellung, Lieferung und Integration der Satellitennutzlast für das ICARUS-System hat sich das technische Alleinstellungsmerkmal weiter verfestigt. Nur die TALOS GmbH kann aufgrund des von ihr erlangten speziellen Wissens weitere ICARUS-Nutzlasten zeitnah und mit der für hochriskante Weltraumaktivitäten erforderlichen Qualität herstellen. Ein Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nach § 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b. ist nur zulässig, wenn es keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung gibt und der mangelnde Wettbewerb nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsparameter ist (§ 14 Abs. 6 VgV). Dies ist der Fall. Der Auftraggeber hat untersucht, ob vernünftige Alternativen oder Ersatzlösungen bestehen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass dies nicht der Fall ist. Keine vernünftige Alternative oder Ersatzlösung besteht, wenn auch ein objektiver Dritter, der an der Vergabe nicht selbst interessiert ist, nach Kenntnisnahme der Gründe des Auftraggebers für die zum Gegenstand des Vergabeverfahrens gemachte Lösung deren Berechtigung anerkennen und nicht auf eine naheliegende anderweitige Lösung verweisen würde. Dass es irgendeine Alternative oder Ersatzlösung geben mag, ist nicht relevant. Das vorangegangene Vergabeverfahren mit öffentlicher Bekanntmachung und für jedermann zugänglichen Teilnahmewettbewerb hat dem Auftraggeber einen guten Marktüberblick verschafft. Im Rahmen des obengenannten Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb wäre es Bietern möglich gewesen, vernünftige Alternativen und Ersatzlösungen als Verhandlungsvorschläge vorzuschlagen. Die Marktsituation hat sich seitdem nicht erheblich verändert, wie vorstehend dargelegt ist aufgrund der weiteren Befassung der TALOS GmbH eher von einer weiteren Verfestigung des technischen Alleinstellungsmerkmals für die ICARUS-Nutzlast im Weltraumsegment auszugehen. Die so schnell wie möglich herzustellende Redundanz führt ebenfalls dazu, dass ein theoretisch denkbares Abwarten, bis ein weiteres Unternehmen leistungsfähig ist, dem Auftraggeber nicht zumutbar ist. Die Nachteile für das ICARUS-System (Ausfall des Systems, Lücken in Datensätzen, Verpassen eines Startfensters) und ethischen Wertungen, die eine Ausstattung von Lebewesen mit Minisendern im Lichte des wissenschaftlichen Nutzens vertretbar erscheinen lassen, werden durch abstrakte Vorteile einer etwaigen wettbewerblichen Vergabe nicht im Ansatz aufgewogen. Dessen ungeachtet stellt § 14 Abs. 4 Nr. 2 VgV klar, dass potenziellen Wettbewerbern nicht in einem dem Auftraggeber unzumutbarem Umfang Zeit und Gelegenheit gegeben werden muss, sich die Fähigkeiten erst noch anzueignen. Dem Auftraggeber ist es bei Aufrechterhaltung seiner Leistungsbestimmung auch nicht möglich, den Auftrag so in Lose aufzuteilen, dass zumindest hinsichtlich einiger Lose mehrere Unternehmen zur Verfügung stehen, die die Leistung erbringen können. Er ist auch nicht verpflichtet, seine Leistungsbestimmung derart abzuändern, dass eine Losaufteilung möglich wird. Eine so abgeänderte Leistungsbestimmung stellt keine „vernünftige“ Ersatzlösung dar. Der Auftraggeber muss sich nicht auf eine Ersatzlösung verweisen lassen, wenn durch seine Leistungsbestimmung im Interesse der Systemsicherheit und Funktion eine wesentliche Verringerung von Risikopotenzialen (Risiko von Fehlfunktionen, Kompatibilitätsproblemen, höherem Umstellungsaufwand) bewirkt wird (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 31.5.2017 – VII-Verg 36/16, NZBau 2017, 623 Rn. 42). Dies ist hier der Fall. Durch die Beauftragung der TALOS GmbH bewirkt der Auftraggeber eine wesentliche Verringerung der genannten Risikopotenziale. Durch diese Auftragsvergabe wird nicht nur das Risiko von Kompatibilitätsproblemen verringert, welche entstehen können, wenn mehrere Auftragnehmer beauftragt werden, sie verringert außerdem das Risiko von Kompatibilitätsproblemen, die in Verbindung mit dem bestehenden ICARUS-System auftreten können. Der mangelnde Wettbewerb ist nicht das Ergebnis einer künstlichen Einschränkung der Auftragsparameter. Wie dargestellt, ist der mangelnde Wettbewerb schon nicht Ergebnis der Einschränkung der Auftragsparameter – auch für hypothetische Ersatzlösungen stehen keine Unternehmen zur Verfügung. Darüber hinaus sind die Auftragsparameter jedoch nicht künstlich gewählt: Sie ergeben sich aus dem Bedarf des Auftraggebers und sind nicht willkürlich gewählt. Der Bedarf des Auftraggebers ist durch das bestehende ICARUS-System bestimmt. Das bestehende System macht es erforderlich, dass das Unternehmen, welches mit der gegenständlichen Dienstleistung beauftragt wird, über detaillierte Kenntnisse des Systems verfügt und eine Kompatibilität sicherstellen kann. Der Auftraggeber kann seinen Bedarf nicht decken, ohne auf die sich aus dem System ergebenen Erfordernisse Rücksicht zu nehmen.