Sonstige Begründung
:
Die Beauftragung der Entwicklung und Herstellung von Schienenfahrzeugausrüstungen für den Betrieb mit ETCS und ATO GoA 2 und über die betriebsfertige Entwicklung und Integration der technischen Lösung für die 82 elektrischen Triebzüge der S-Bahn Hamburg GmbH (SBH) für das Streckennetz in Hamburg beim Hersteller der Fahrzeuge ist aus folgenden Gründen eine zulässige Vergabe im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) und Nr. 5 SektVO. Der Hersteller ist als einziger Anbieter in der Lage, die Baureihe 490 mit den ETCS-/ATO-Systemen auszustatten. Diese Aufgaben lassen sich aufgrund spezifischer technischer Anforderungen und der Exklusivität des Wissens über die Fahrzeuge von anderen Unternehmen ausführen. Ein zentrales Argument für die Alleinstellung vom Hersteller liegt in ihrem umfassenden Verständnis der Fahrzeugleittechnik und des zentralen Steuerungssystems (TCMS), das als Herzstück der Fahrzeugsteuerung agiert. Dieses Wissen umfasst detaillierte Einblicke in den Aufbau und die Funktion der Fahrzeuge sowie den Quellcode der Fahrzeugsoftware, auf den nur der Hersteller Zugriff hat. Weder die SBH noch Dritte verfügen über diese Zugriffe und Kenntnisse. Der Hersteller allein hat die erforderlichen Kenntnisse über die Inhalte dieser Quellcodes und weiß, welche Änderungen nötig sind, um eine störungsfreie Kommunikation zw. ETCS/ATO und der bestehenden Fahrzeugleittechnik herzustellen. Die Inhalte des Quellcodes sowie der Änderungsbedarf des Quellcodes der Software sind als exklusives Know-How und Geschäftsgeheimnis des Herstellers einzustufen. Für die Integration der ETCS-/ATO-Systeme sind umfangreiche hardwareseitige und softwareseitige Anpassungen erforderlich. Hardwareseitig müssen Schnittstellen geschaffen werden, die eine zuverlässige Signalübertragung zwischen den On-Board Units (OBU) und der bestehenden Fahrzeugleittechnik ermöglichen. Dies bedeutet, dass spezifische Modifikationen vorgenommen werden müssen, um eine nahtlose Verbindung sicherzustellen. Auf der softwareseitigen Ebene müssen die empfangenen Signale von der Strecke über die OBU verarbeitet und korrekt an die Fahrzeugsteuerung weitergeleitet werden. Darüber hinaus sind aufgrund der sicherheitsrelevanten Natur dieser Änderungen umfangreiche Nachweise und Dokumentationen erforderlich, um die Modifikationen zu validieren und die Zulassung der Fahrzeuge sicherzustellen. Bei der Betrachtung die Integration von ETCS-/ATO-Lösungen bzw. bestehenden OBU eines anderen Anbieters in die Fahrzeuge der BR490 einzubauen, wäre dies mit umfassenden Unwägbarkeiten und hohen zusätzlichen Aufwänden für die SBH verbunden. Dies ist dadurch begründet, dass andere Anbieter nicht in der Lage sind, diese spezifischen Arbeiten durchzuführen, da sie weder Zugang noch Kenntnisse über die notwendige Fahrzeugdokumentation sowie Kenntnisse über die Inhalte und Wirkweise der Software-Quellcode haben. Ohne diese Informationen können Dritte keine störungsfreien Verbindungen zwischen ihren OBU-Systemen und der bestehenden Fahrzeugleittechnik herstellen. Selbst sofern ein anderer Anbieter Zugang zum Quellcode erhielte, würde die Modifikation der Fahrzeugsoftware erhebliche Projektierungs-, Entwicklungs- und Testaufwände erfordern und wäre somit mit erheblichen technischen Risiken und Mehrkosten für die SBH verbunden. Überdies ist davon auszugehen, dass in diesem Fall im Verlauf der Projektabwicklung aufgrund der anzupassenden Fahrzeugsoftware weitere Unterstützungsleistungen des Herstellers erforderlich sind. Dies würde nicht nur zu hohen zusätzlichen Kosten, sondern auch zu erheblichen Verzögerungen führen. Insofern wäre eine vollständige Neuprogrammierung der Fahrzeugsteuerungssoftware durch einen Dritten technisch äußerst aufwendig und wirtschaftlich nicht vertretbar. Vernünftige Alternative oder Ersatzlösungen gibt es nicht. Bei der Betrachtung der folgenden Alternativszenarios kommt man zu dem Schluss, dass diese weder technisch, wirtschaftlich noch zeitlich in einem für die SBH vertretbaren Rahmen sind: • Zur Verschaffung gewisser Kenntnisse über die Funktion der Fahrzeugsoftware der BR 490 zwecks Schaffung der Voraussetzungen für die Integration einer Fremd-OBU für ETCS/ATO müsste ein anderer Anbieter die gesamte Fahrzeugsteuerungssoftware der BR 490 erneuern, um sein OBU-System zuverlässig mit dieser zu verknüpfen. • Der Hersteller würde beauftragt werden, die Leittechnik so anzupassen, dass eine OBU eines anderen Herstellers angebunden werden kann. Insgesamt führen diese technischen Erwägungen zu der Schlussfolgerung, dass nur der Hersteller in der Lage ist, die notwendigen Arbeiten an der BR490 effizient und sicher durchzuführen. Eine Vergabe der Arbeiten an einen anderen Anbieter würde nicht nur zu unverhältnismäßig hohen Kosten führen, sondern auch erhebliche technische Risiken mit sich bringen, die den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der Fahrzeuge gefährden könnten. Auch stellen etwaige Alternativen keine vernünftige Lösung für die vorhandene Aufgabenstellung dar. Zudem würde in Anbetracht der bereits mit ETCS-/ATO-Technologie vom Hersteller auszuliefernden 64 Fahrzeuge aus einem Optionsabruf die Beauftragung eines anderen Anbieters auch aus einem anderen Grund nicht in Betracht kommen. Bei der Beauftragung eines anderen Anbieters mit den Leistungen würden zwei unterschiedlich ausgestattete Teilflotten entstehen, und zwar die 82 Bestandsfahrzeuge und die 64 Optionsfahrzeuge. Die Entstehung unterschiedlicher Teilflotten mit verschiedenen OBU-Systemen würde den Instandhaltungsaufwand für die Fahrzeuge erheblich erhöhen. Dies würde zu zusätzlichen Schulungen der Wartungsteams, einer Vielzahl an Wartungsplänen und einem erhöhten Bedarf an Ersatzteilen führen. Diese Faktoren würden nicht nur die Betriebskosten in die Höhe treiben, sondern auch das Risiko von Fehlern bei der Wartung und Bedienung der Fahrzeuge erhöhen. Zudem würden der SBH dadurch erhebliche Mehrkosten für die Betriebsplanung entstehen.