Begründung der Direktvergabe
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Verträge, die nicht die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder
die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben
Sonstige Begründung
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Der abgeschlossene Mietvertrag unterfällt nicht dem Kartellvergaberecht der Richtlinie 2014/24/EU, dem GWB und der VOB/A-EU und musste daher nicht europaweit ausgeschrieben werden. Insbesondere ist der abgeschlossene Mietvertrag nicht als Bauauftrag im Sinne des Vergaberechts zu qualifizieren, da die LHS nicht intensiver auf die Herrichtung des Mietobjekts Einfluss nimmt, als es ein gewerblicher Mieter üblicherweise täte. Im Einzelnen: Der Abschluss von Mietverträgen durch Auftraggeber im Sinne des Vergaberechts ist nach der Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 2 GWB vom Kartellvergaberecht ausgenommen. Nach dieser Vorschrift ist der Vierte Teil des GWB u.a. nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen für die Miete von Grundstücken oder vorhandenen Gebäuden. Die Bereichsausnahme vom Vergaberecht für Miete umfasst nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) explizit sogar die Anmietung von bei Vertragsschluss noch nicht errichteten Räumlichkeiten (EuGH, Urteil vom 22.04.2021, C-537/19 "Wiener Gate 2", RdNr. 48). Bei dem von der LHS angemieteten Objekt handelt es sich demgegenüber um ein bereits existierendes Gebäude, so dass die Annahme eines Bestellbaus per se fernliegend ist. Die LHS hat sich vertieft mit der Definition des Bauauftrags in § 103 Abs. 3 GWB und der zugehörigen Rechtsprechung des EuGH, der Vergabesenate der Oberlandesgerichte (OLG) und der Vergabekammern unter dem Stichwort "Bestellbau", verstanden als Herrichtung des Mietobjekts nach den Vorgaben des Auftraggebers, auseinandergesetzt. Dabei ist sie zu der Ansicht gelangt, dass der hier geschlossene Mietvertrag kein Bauauftrag ist, der nach dem Kartellvergaberecht auszuschreiben wäre. Diese Ansicht stützt sich zusammengefasst insbesondere auf Folgendes: Eine Anmietung kann als ausschreibungspflichtiger Bauauftrag zu qualifizieren sein, wenn der Auftraggeber als Mieter auf die Ausgestaltung des Bauvorhabens Einfluss nimmt. Ob die Grenzen der Bereichsausnahme überschritten werden, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Von einem ausschreibungspflichtigen Bauauftrag ist erst dann auszugehen, wenn der Auftraggeber wesentliche und detaillierte Vorgaben für die Ausführung und Ausstattung des Bauvorhabens macht, die über mietvertragstypische Mitgestaltungsrechte hinausgehen. Dabei kommen Mietern großer Bürogebäude typischerweise vergleichsweise weitreichende Mitspracherechte zu nutzungsbezogenen Anforderungen zu (vgl. Gurlit, in: Burgi/Dreher/Opitz, Beck´scher Vergaberechtskommentar, 4. Auflage 2022, RdNr. 18 ff). Zur Beurteilung des Grades der Einflussnahme des Mieters hat der EuGH folgende praxisnahe Kriterien aufgestellt (EuGH, Urteil vom 22.04.2021, C-537/19 "Wiener Gate 2", RdNr. 50 ff): - Von einem ausschreibungspflichtigen Bauauftrag ist auszugehen, wenn der öffentliche Auftraggeber Maßnahmen ergriffen hat, um die Merkmale der Bauleistung festzulegen oder zumindest entscheidenden Einfluss auf die Planung der Bauleistung zu nehmen - Das ist insbesondere der Fall, wenn die vom öffentlichen Auftraggeber verlangten Spezifikationen über die üblichen Vorgaben eines Mieters für eine Immobilie wie das betreffende Bauwerk hinausgehen - Ein entscheidender Einfluss des öffentlichen Auftraggebers als Mieter ist anzunehmen, wenn dieser Einfluss auf die architektonische Struktur dieses Gebäudes wie seine Größe, seine Außenwände und seine tragenden Wände ausgeübt hat. - Anforderungen, die die Gebäudeeinteilung betreffen, können dagegen nur dann als Beleg für einen entscheidenden Einfluss angesehen werden, wenn sie sich aufgrund ihrer Eigenart oder ihres Umfangs abheben. Nach diesen Maßstäben der Rechtsprechung hat die LHS in Form des Mietvertrages keinen Bauauftrag erteilt. Denn zum einen bezieht sich der geschlossene Mitvertrag nicht auf einen noch zur errichtenden Neubau. Die LHS mietet vielmehr ein Bestandsgebäude, das vom Vermieter unabhängig vom Mietverhältnis mit der LHS modernisiert wird. Für die Mieterin LHS wird die Mietfläche nur im Rahmen des Üblichen auf einen langfristigen Mieter angepasst. Diese Anpassungen beschränken sich im Wesentlichen auf die Eingangssituation, die Raumaufteilung und die Anschlussnutzung der Kantine. Diese Anforderungen sind lediglich solche der Nutzbarkeit und wirken sich auf die bauliche Gestaltung allenfalls in Ausbaudetails aus. Spezifische Vorgaben der LHS zu Kubatur, Größe, Statik oder sonstiger wesentlicher Beschaffenheit des Mietobjekts sind mit diesen Anpassungen gerade nicht verbunden. Insbesondere beeinträchtigen die Anpassungen auch nicht die Drittverwendungsfähigkeit des Mietobjekts. Eine externe fachliche Bestätigung, dass die Anpassungen mietvertragsüblich sind, liegt vor.