Sonstige Begründung
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Ein Nachprüfungsantrag in dem am 12.04.2023 veröffentlichten Vergabeverfahren über Unterziehschutzwesten (UZSW) (AZ des EU Amtsblatts: 225161-2023) macht dem Auftraggeber die geplante Beschaffung von UZSW auf nicht vorhersehbare Zeit rechtlich unmöglich. Daher muss der unabdingbare Bedarf, insbesondere für die Ausstattung von Neueinstellungen und als Ersatzbeschaffung für UZSW außerhalb der Gewährleistung im Rahmen einer Dringlichkeitsvergabe vergeben werden. Voraussetzung für eine Dringlichkeitsvergabe nach § 14 Abs. 4 Nr. 3 VgV als Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb ist, dass äußerst dringliche, zwingende und dem Auftraggeber nicht zuzurechnende, unvorhersehbare Gründe es nicht zulassen, die Mindestfristen einzuhalten, die für das offene und das nicht offene Verfahren sowie für das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb vorgeschrieben sind. Daneben sind der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Wettbewerbsprinzip zu beachten. Es liegt eine drohende gravierende Beeinträchtigung für die Allgemeinheit, die staatliche Aufgabenerfüllung im Bereich der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (Daseinsfürsorge) und das Leben und die Gesundheit der Bedarfsträger vor. Weder kann das Land Rheinland-Pfalz (RP) noch der Rahmenvertragspartner Justiz RP auf die Arbeit der Polizei- und sonstigen Bediensteten in signifikanter Zahl verzichten, noch können diese Beschäftigten ohne sichere UZSW in den Dienst geschickt werden. Aufgrund des Nachprüfungsverfahrens konnten die Bedarfe Ende 2023 bis 2024 bislang nicht gedeckt werden. In den Bereichen, in denen eine Tragezeitverlängerung der alten bestehenden UZSW ohne Stichschutz gerade noch akzeptabel erscheint, wurde auf eine Ersatzbeschaffung verzichtet und darüber hinaus auf Lagerbestände gebrauchter UZSW zurückgegriffen. Damit sind für die Erfüllung der weiteren Bedarfe die Möglichkeiten des Landes RP ausgeschöpft und die Dringlichkeitsvergabe alternativlos. Im Mai 2025 werden die nächsten UZSW für Neueinstellungen benötigt. Durch zu berücksichtigende Zeiten für Vermessung, Materialeinkauf, Herstellung, Auslieferung und Losabnahmeprüfung muss eine Auftragserteilung somit im Oktober 2024 erfolgen, so dass die Vermessung ebenfalls bereits im Oktober 2024 erfolgen kann, da Lieferzeiten von 6 – 8 Monaten zu erwarten sind. Die Umstände zur Begründung der äußersten Dringlichkeit sind dem Land RP nicht zuzurechnen und unvorhersehbar. Bei einer 2022 durchgeführten Qualitätssicherung von UZSW in RP ist es zu Durchschüssen gekommen. Daraufhin musste eine neue technische Leistungsbeschreibung erstellt werden. Anschließend wurde unmittelbar ausgeschrieben. Das sich hieran seit dem 03.04.2024 anschließende Nachprüfungsverfahren ist bis heute nicht abgeschlossen und war in dieser Verfahrenslänge nicht vorhersehbar. Zudem tritt hier der Aspekt der Zurechenbarkeit und Vorhersehbarkeit hinter die Notwendigkeit der Leistungen zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung einschließlich der Daseinsvorsorge zurück. Selbst wenn der Auftraggeber die Dringlichkeit hätte vorhersehen können oder selbst verschuldet hätte, darf sich dies nicht zulasten existentieller Rechtsgüter der Allgemeinheit, wie der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, auswirken. Eine Interimsvergabe ist deshalb für einen begrenzten Zeitraum zulässig, weil durch den Zeitverzug gravierende Schäden drohen, die nicht wiedergutzumachen sind. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wurde beachtet, denn die Vergabe beschränkt sich auf die Maßnahmen, die zur vorübergehenden Bedarfsdeckung erforderlich sind. Die Menge der unabweisbar benötigten UZSW ist nachgewiesen und in einem internen Vermerk belegt. Neben den wesentlichen und in Teilen angepassten Anforderungen der Technische Richtlinie (TR) Ballistische Schutzwesten, Stand: März 2008 müssen insbesondere folgende Anforderungen erfüllt werden: • ein obligatorischer spezifisch definierter Stichschutz, • umfangreiche Testung des ballistischen Schutzes im Verbund mit dem geforderten Stich- und Traumaschutz und • simulierte mechanische Belastung durch das Tumblerverfahren. Diese Parameter waren bereits bei dem noch im Rechtsstreit befindlichen Ausschreibungsverfahren gefordert und somit allen Marktteilnehmern bekannt gegeben, welche die Möglichkeit hatten sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Da in der Auswahlentscheidung alle Teilnehmer der Ausschreibung betrachtet wurden, kann eine unzulässige, künstliche Einschränkung des Marktes ausgeschlossen werden. Die Erfüllung der o.g. Anforderungen konnte bisher nur durch die Messer Waffenhandel und Sicherheitsgesellschaft mbH im streitigen Vergabeverfahren nachgewiesen werden. Andere Anbieter haben sich nicht beworben oder haben die Anforderung der Ausschreibung nicht erfüllt bzw. wurden nachrangig gewertet und können nun in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht getestet werden. Dies deshalb, weil für weitere Tests zunächst eine Produktion von jeweils 13 kompletten Schutzwestenpaketen und 10 Prüfmustern produziert werden müsste. Für die Produktionszeit sind erfahrungsgemäß 8 - 12 Wochen anzusetzen. Hinzu kommt die Zeit für die Terminvergabe beim Beschussamt, sowie hieran anschließend 10 Tage für die mechanische Konditionierung im Tumbler. Somit wären unter günstigsten Umständen mit 2,5 Monaten Verzug zu rechnen, die eine Vermessung im Oktober 2024 mit Auslieferung im Mai 2025 faktisch unmöglich machen. Der Auftrag soll daher an die Messer Waffenhandel und Sicherheitsgesellschaft mbH vergeben werden. Im Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wendet sich der Auftraggeber gem. § 17 Abs. 5 VgV mit der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots direkt an das ausgewählte Unternehmen. Der Auftraggeber ist daher der Ansicht, dass die Auftragsvergabe ohne vorherige Veröffentlichung einer Bekanntmachung im Amtsblatt der Europäischen Union zulässig ist. Aus technischen Gründen sind nur 6000 Zeichen zugelassen, ein deutlich umfassenderer Vermerk liegt dem Land vor.